Sternwarte blickt nicht nur in die Sterne
Die Sternwarte in Kornwestheim will zum Nachdenken beim Thema Umweltschutz anregen, greift dafür selbst zur Zange bei der Putzete und informiert.
Autoreifen, Plastiktüten, sogar eine Kompaktkamera und einen Laptop fanden die Mitglieder der Sternwarte Kornwestheim e.V. während der Markungsputzete vergangenes Wochenende. Warum all das in der Natur verstreut wird, ist für die leidenschaftlichen Sterngucker zwar nicht nachvollziehbar. „Doch kann man sich ja glücklicherweise bücken, um den Unrat aufzulesen.“ Gesagt, getan. Dabei könnte alles so einfach sein!
Heribert Härle engagiert sich bereits von Anfang an für den Astronomie-Verein. Umweltschutz gehöre da natürlich dazu, ist er sich sicher. Bewaffnet mit Zange, Handschuhen und Müllsack ist er im Osten Kornwestheims auf Putztour. „Von bunten Folien, Dosen und Flaschen fühlen wir uns ja alle gleichermaßen gestört.“ Das sieht auch Thomas Walter nicht anders. Er schnappt Heribert eine Zigarettenkippe vor der Zange weg. „Wenn es doch nur immer so einfach wäre“, fügt er lachend hinzu.
Wirklich zum Lachen ist den Mitgliedern des jungen Vereins nicht, wenn es um dieses Thema geht. Denn mit diesem Satz spricht Vorstandsmitglied Walter das Thema Lichtverschmutzung an. „Wir müssen umdenken! Jede Nacht verpuffen Unmengen an ungenutzter Energie in Form von Licht. Auch das ist eine Umweltverschmutzung, vergleichbar mit achtlos weggeworfenen Papiertaschentüchern.“ Das Hauptproblem dabei: Man könne sich nicht einfach bücken, um die Umweltsünden anderer wieder einzusammeln. Einmal in die Nacht abgestrahlt, sei das Licht, die Energie sowie die Produktionskosten verloren.
In der Sternwarte ist man sich einig, bezieht sich auf den Vereinsabend 2023. Damals war der Physiker Manuel Philipp im K zu Gast. Als Initiator der „Paten der Nacht“ setzt er sich seit vielen Jahren für den Schutz und Erhalt unserer Nacht ein, wurde sogar mit dem Bayerischen Umweltpreis und der Bayerischen Umweltmedaille ausgezeichnet. Vor zahlreich erschienenen Zuhörern erörterte er, wo dieses Umdenken anfangen muss. Schließlich öffne ja auch niemand den Wasserhahn, bevor er aus dem Haus gehe. Dagegen sei ein nicht gelöschtes Licht oder eine ungünstig angebrachte Außenbeleuchtung nur wenigen ein Dorn im Auge. So manch ein Besucher fühlte sich bei diesem Vergleich ertappt. Dabei sind die Auswirkungen der Lichtverschmutzung auf die Natur, auf die Tier- und Pflanzenwelt und natürlich auf uns Menschen längst erkannt. Für die Astro-Gemeinde ist die zunehmende Lichtverschmutzung ein Problem. Beobachtungen, Fotografien und Arbeitsprojekte leiden darunter.
Dabei wissen die aktiven Mitglieder sehr wohl, dass dieses Problem in Stadtnähe kaum noch lösbar ist. Ans Aufgeben denkt man dennoch nicht: „Wir tun das ja nicht für uns, sondern viel mehr für uns alle. Die Nacht hat nun mal leider keine Lobby.“ Heribert bekommt Zustimmung: „Gerade zu dieser Zeit müssen wir doch achtsam mit unseren Ressourcen umgehen. Und mit ein paar Tricks und Gewohnheiten, ist die Lichtverschmutzung das am einfachsten zu lösende Umweltproblem in unseren Städten!“
Vielerorts kämpfe man aber noch gegen Windmühlen, gibt Härle zu bedenken. Nur selten werde einem ernsthaft zugehört. Dabei wollen die Vereinsmitglieder niemandem das Licht verbieten. Ohne Beleuchtung gehe es nicht, das weiß man auch in der Sternwarte. Keinesfalls dürfe beispielsweiße die Sicherheit darunter leiden. Ausschließlich ungenutzte Lichtquellen, Dauerbeleuchtungen oder Lampen, die einen großen Teil der Energie nach oben Abstrahlen, sollten dringend überdacht werden. Das Thema sei aber einfach noch nicht überall angekommen – in Privathaushalten ebenso wenig wie in der Industrie und im Gewerbe. Und so ziehen die Sternfreunde weiter, sich wünschend, das verschleuderte Licht anderer ebenso einfach mit einer Zange einfangen zu können wie den Müll in ihren Tüten.